Was war, was ist und was wird kommen?
Die KZ-Gedenkstätte Kaltenkirchen begeht Ihr 25-jähriges Bestehen
Am 30. April 2000 wurde die KZ-Gedenkstätte Kaltenkirchen für Besucher:innen eröffnet.
Aus diesem Anlass luden die Gedenkstätte und ihr Trägerverein am vergangenen Samstag zu einer Jubiläumsveranstaltung in die Räumlichkeiten der KZ-Gedenkstätte ein. Trotz hochsommerlicher Temperaturen konnten sich Hans-Jürgen Kütbach, Vorsitzender des Trägervereins, und die stellv. Vorsitzende Indre Schmalfeld über eine gut besuchte Veranstaltung freuen.
Aus Frankreich waren Martine Rémond und ihr Sohn Guillaume nach Kaltenkirchen gereist. Roger Rémond, Vater von Martine, Großvater von Guillaume, überlebte als 19-jähriger mit Glück und dem Willen zur Selbstbehauptung das KZ-Außenlager Kaltenkirchen. In ihrem äußerst berührenden Redebeitrag berichtete Martine Rémond den Anwesenden über die Lebensgeschichte ihres Vaters und über den Besuch der KZ-Gedenkstätte gemeinsam mit ihrem Vater im Jahr 2005.
Bildunterschrift: Martine Rémond, rechts im Bild, während ihres Redebeitrags, begleitet von Emilie Setzke, Vorstandsmitglied des Trägervereins, die die Übersetzung aus dem Französischen besorgte. Foto: KZ-Gedenkstätte Kaltenkirchen
Zudem waren der Einladung viele hochrangige Vertreter:innen aus der Landes- und der Kommunalpolitik gefolgt. Der Landtag wurde durch seine Vizepräsidentin Beate Raudies vertreten. Für den Kreis Segeberg nahm Landrat Jan Peter Schröder teil, für den Kreis Pinneberg die stellv. Kreispräsidentin Sabine Schaefer-Maniezki. Zudem besuchten auch der Kaltenkirchener Bürgermeister Stefan Bohlen und sein Bad Bramstedter Amtskollege Felix Carl anlässlich der Jubiläumsveranstaltung die KZ-Gedenkstätte.
Für die Landesregierung hielt die Bildungsministerin Dr. Dorit Stenke ein Grußwort. Darin betonte sie die Bedeutung von Gedenkstätten und Erinnerungsorten als außerschulische Lernorte für Gegenwart und Zukunft und verwies zudem auf die gesellschaftliche Relevanz ehrenamtlichen Engagements in der schleswig-holsteinischen Gedenkstättenlandschaft. Abschließend dankte die Ministerin den ehren- und hauptamtlichen Mitarbeiter:innen der KZ-Gedenkstätte Kaltenkirchen für ihre Arbeit und ihr Engagement: „Wir reden immer von ‚den Gedenkstätten‘. Aber sie wären nichts ohne die Menschen, die dahinter stehen, sie mit Leben füllen, darin und dafür arbeiten. Ihnen gilt mein großer Dank und Respekt.“
Bildunterschrift: von links nach rechts: Marc Czichy, Leiter der KZ-Gedenkstätte; Indre Schmalfeld, stellv. Vorsitzende des Trägervereins; Bildungsministerin Dr. Dorit Stenke; Uta Körby, Ehrenvorsitzende des Trägervereins; Martine Rémond; Hans-Jürgen Kütbach, Vorsitzender des Trägervereins. Foto: KZ-Gedenkstätte Kaltenkirchen
Uta Körby, Ehrenvorsitzende des Trägervereins, und Marc Czichy, Leiter der KZ-Gedenkstätte, nahmen die Besucher:innen auf eine lebendige Zeitreise durch 25 Jahre KZ-Gedenkstätte Kaltenkirchen mit. Dabei betonten sie, dass es die KZ-Gedenkstätte ohne ein langjähriges und von vielen Menschen getragenes ehrenamtliches Engagement heute nicht geben würde. Stellvertretend für dieses Engagement steht die Person von Dr. Gerhard Hoch, dem Gründungsvater der KZ-Gedenkstätte. Zudem machten Körby und Czichy deutlich, dass die Entwicklung der KZ-Gedenkstätte von vielen gesellschaftlichen und politischen Widerständen begleitet wurde und der Weg zu dem inzwischen landesweit hoch anerkannten außerschulischen Lernort mit einem modernen Gedenkstättengebäude, einer zeitgemäßen Dauerausstellung und angemessenen Räumlichkeiten für die Bildungs- und Vermittlungsarbeit doch sehr lang und steinig war.
In seinem zentralen Festvortrag erläuterte Prof. Dr. Marc Buggeln von der Universität Flensburg zunächst die Entwicklung des Außenlagersystems des KZ-Neuengamme zwischen 1942 und 1945 und die besonderen Rahmenbedingungen im KZ-Außenlager Kaltenkirchen. Im zweiten Teil seines Vortrags beschäftige er sich mit dem erinnerungspolitischen Umgang mit den historischen Orten der Außenlager nach 1945 und beschrieb den langen Weg zur Etablierung von Gedenkstätten an diesen Orten in den 1990er und 2000er Jahren. Am Ende seines Vortrags arbeitete Marc Buggeln aktuelle und zukünftige Herausforderungen an die Gedenkstättenarbeit heraus. Dabei verwies er insbesondere auf den zunehmenden Rechts-extremismus in vielen ländlichen Regionen und forderte eine besondere politische, pädagogische und infrastrukturelle Unterstützung für kleine Gedenkstätten im eher ländlich geprägten Raum.
Zum Ende der Veranstaltung diskutierten Ghader Al Holu, wissenschaftliche Mitarbeiterin der Böll-Stiftung in Schleswig-Holstein, Kim Nierobisch, Mitarbeiterin der KZ-Gedenkstätte Kaltenkirchen, und Freya Kurek, wissenschaftliche Mitarbeiterin der Abteilung der Didaktik der Geschichte an der Universität Köln, unter der Fragestellung „Was wird kommen? Räume öffnen – Menschen ansprechen – Themen adressieren!“ über die zukünftige Entwicklung der Arbeit von Gedenkstätten. Im Rahmen des inhaltlich sehr vielschichtigen Podiumsgesprächs, dass von Dr. Harald Schmid, wissenschaftlicher Mitarbeiter der Bürgerstiftung schleswig-holsteinische Gedenkstätten, moderiert wurde, waren sich die Diskussionspartner:innen unter anderem darin einig, dass der Kampf für Demokratie und gegen Rechtsextremismus nicht allein den Gedenkstätten überlassen werden darf, sondern als gesamtgesellschaftliche Aufgabe verstanden werden muss.
Die abwechslungsreiche und informative Jubiläumsveranstaltung wurde durch die Musikerin Alexandra Lachmann mit feinfühlig ausgewählten Musikstücken begleitet. Die Veranstaltung fand ihren Ausklang in Gespräch und Austausch bei Snacks und Getränken.
Bericht über die Wahlen bei der Mitgliederversammlung vom 18.05.2025
Am 18.05.2025 hat die diesjährige Mitgliederversammlung des Trägervereins der KZ-Gedenkstätte Kaltenkirchen stattgefunden.
Die Vorstandswahlen im Rahmen der Mitgliederversammlung sorgten für eine weitreichende personelle Kontinuität in der Vorstandsarbeit. So wurden Hans-Jürgen Kütbach als Vorsitzender und Indre Schmalfeld als stellv. Vorsitzende sowie Regina Knösel als Schriftführerin für zwei Jahre wiedergewählt.
Bei der Funktion des Kassenwartes gab es einen Wechsel. Andreas Beran kandidierte hierfür nicht erneut und wird im Vorstand künftig als Beisitzer fungieren. Die Mitgliederversammlung wählte Emilie Setzke als neue Kassenwartin.
Neu als Beisitzer in den Vorstand gewählt wurde Dr. Tilman Fuß, Pastor der Michaeliskirche in Kaltenkirchen. Alle weiteren Beisitzer wurden wiedergewählt.
Auch bei den Kassenprüfern gab es einen Wechsel. Gilbert Sieckmann-Joucken wurde in seinem Amt bestätigt, Harald Müller kandidierte nicht erneut. Zum neuen Kassenprüfer wurde unser ehemaliger Vorsitzender Uwe Czerwonka gewählt.
Wir gratulieren allen Gewählten.
von links: Uwe Czerwonka, Emilie Setzke, Regina Knösel, Jens-Olaf Nuckel, Frauke Greuel, Andreas Beran, Hans-Joachim Wolfram, Dr. Tilman Fuß, Enno Hasbargen, Indre Schmalfeld, Marc Czichy und Hans-Jürgen Kütbach. Foto: Trägerverein KZ-Gedenkstätte
Geführter Rundgang zum Tag der Befreiung am 8. Mai
Im Rahmen einer Kooperation mit den Volkshochschulen Bad Bramstedt, Henstedt-Ulzburg und Kaltenkirchen organisierte die KZ-Gedenkstätte anlässlich des Tags der Befreiung am 08. Mai ein Veranstaltungsangebot.
Am 10. Mai trafen sich 23 Teilnehmende auf der Gedenkstätte, die sich über eine der drei Volkshochschulen für einen Geführten Rundgang über das Außengelände und durch die Dauerausstellung angemeldet hatten. Marc Czichy, Leiter der KZ-Gedenkstätte, begleitete die Gruppe.
Der Besuch der Gruppe wurde vom Stadtmagazin.SH mit der Kamera begleitet. Den Beitrag des Stadtmagazins finden Sie hier: https://youtu.be/1P8zSc1FURQ
Besuch auf der KZ-Gedenkstätte Kaltenkirchen
Michał Spinkiewicz, Urenkel des KZ-Häftlings Jan Derengowski
Am 4. Mai. 2025 besuchte Michał Spinkiewicz zum ersten Mal unsere Gedenkstätte.
Michał Spinkiewicz ist der Urenkel des polnischen Widerstandskämpfers Jan Derengowski. Dieser lebte in Warschau und beteiligte sich am nationalpolnischen Aufstand in Warschau vom August 1944. Die Deutschen nahmen ihn im September 1944 gefangen und deportierten ihn über das Durchgangslager Pruszkow am 5. Oktober 1944 in das KZ Neuengamme. In der Folge wurde Derengowski zur Zwangsarbeit im KZ-Außenlager Kaltenkirchen eingesetzt. Aufgrund der unmenschlichen Lebens- und Arbeitsbedingungen erkrankte er nach wenigen Wochen schwer und wurde zurück in das Krankenrevier des Stammlagers Neuengamme gebracht, wo er am 20. Dezember 1944 starb.
Bildunterschrift: Am Ort des ehemaligen Appelplatzes:
Thomas Käpernick, Michał Spinkiewicz und Hans-Jürgen Kütbach
(von links nach rechts) Foto: KZ-Gedenkstätte Kaltenkirchen
Zu Ehren seines Urgroßvaters und für alle polnischen Häftlinge des KZ-Außenlagers Kaltenkirchen entzündete Michał Spinkiewicz im Rahmen einer Gedenkzeremonie gemeinsam mit dem Vorsitzenden des Trägervereins, Hans-Jürgen Kütbach, eine Grabkerze, die in einer Hülle mit spezieller Gestaltung steckt.
Michał Spinkiewicz erinnerte an das Schicksal seiner Familie, denn Jan Derengowski musste in Warschau seine junge Tochter und seine Ehefrau zurück lassen. Im Rahmen eines Rundgangs besuchte er mit dem Mitarbeiter der KZ-Gedenkstätte, Thomas Käpernick, die Orte, an denen Derengowski im KZ-Außenlager Kaltenkirchen gelitten und um sein Überleben gekämpft hat. Er fand dabei auch die biografische Tafel für seinen Urgroßvater, die sich in der neuen Dauerausstellung befindet.
Michał Spinkiewicz betonte die spezielle Verbindung, die er an diesem Ort spüre. Bisher hatte die Tochter von Jan Derengowski, Urszula Spinkiewicz, Besuchsreisen zur KZ-Gedenkstätte Kaltenkirchen unternommen. Diese Gedenkarbeit wird jetzt von ihrem Enkel weiter geführt.
Veranstaltung am 03.04.2025 im Bürgerhaus Kaltenkirchen
Vortrag, Filmvorführung und Diskussion
Bauern, Bonzen, Bomben: Die „Landvolkbewegung“ in Schleswig-Holstein
Ende der 1920er Jahre gefährdete eine tiefgreifende Agrarkrise die Lebensgrundlage vieler Bäuerinnen und Bauern. Als Reaktion schlossen sich an der schleswig-holsteinischen Westküste verschiedene Akteur:innen zur sogenannten „Landvolkbewegung“ zusammen. Die Bewegung radikalisierte sich in schneller Folge und verübte unter anderem Bombenanschläge auf Landrats- und Finanzämter. Ab 1931 ging die „Landvolkbewegung“ zunehmend in der wachsenden NSDAP auf, mit der sie insbesondere antiparlamentarische, völkische und antisemitische Positionen verband.
Doch wer genau war die „Landvolkbewegung“? Was waren ihre politischen Forderungen? Und vor allem: Warum berufen sich noch heute einzelne Personen (wieder) auf die „Landvolkbewegung“ und zeigen deren Fahne? Etwa bei verschiedenen Bauernprotesten in Berlin seit 2020 oder auch bei der Demonstration gegen Robert Habeck in Schlüttsiel im Januar 2024.
Fragestellungen wie diese möchten wir gerne mit Ihnen gemeinsam diskutieren. Fixpunkt ist dabei die Vorführung des Films „Stumpfe Sense – scharfer Stahl“, der die Entwicklung der „Landvolkbewegung“ in den Blick nimmt, Zeitzeug:innen zu Wort kommen lässt und auf Kontinuitäten nach 1945 verweist.
Programm
Begrüßung: Marc Czichy, Leiter der KZ-Gedenkstätte Kaltenkirchen
Kurzvortrag: Dr. Reimer Möller, Historiker, langjähriger Leiter der Abteilung Dokumentation und Forschung an der KZ-Gedenkstätte Neuengamme
Filmvorführung
„Stumpfe Sense – scharfer Stahl. Bauern, Industrie und Nationalsozialismus“ (1990).
Ein Dokumentarfilm von Quinka Stoehr, Kay Ilfrich und Jens Schmidt
Diskussion:
Reimer Möller,
Quinka Stoehr, Filmemacherin
Ein/e Mitarbeiter:in des Regionalen Beratungsteams gegen Rechtsextremismus, Kiel
Moderation: Sophia Annweiler, Mitarbeiterin der KZ-Gedenkstätte Neuengamme
Die Veranstaltung ist Teil einer Veranstaltungsreihe
zum 25-jährigen Jubiläum der KZ-Gedenkstätte Kaltenkirchen
und findet am Donnerstag, den 03. April 2025, um 18.30 Uhr
im Bürgerhaus der Stadt Kaltenkirchen, Friedenstraße 9, 24568 Kaltenkirchen statt.
Wir bitten vorab um eine Anmeldung per Mail an
Ausschlussklausel:
Die Veranstaltenden behalten sich vor, von ihrem Hausrecht Gebrauch zu machen und Personen, die rechtsextremen Parteien oder Organisationen angehören, der rechtsextremen Szene zuzuordnen sind oder bereits in der Vergangenheit durch rassistische, nationalistische, antisemitische oder sonstige menschenverachtende Äußerungen in Erscheinung getreten sind, den Zutritt zur Veranstaltung zu verwehren oder von dieser auszuschließen.
Die Veranstaltung wird über das Landesdemokratiezentrum Schleswig-Holstein im Rahmen des Landesprogramms zur Demokratieförderung und Rechtsextremismusbekämpfung gefördert.