Besuch auf der KZ-Gedenkstätte Kaltenkirchen
Michał Spinkiewicz, Urenkel des KZ-Häftlings Jan Derengowski
Am 4. Mai. 2025 besuchte Michał Spinkiewicz zum ersten Mal unsere Gedenkstätte.
Michał Spinkiewicz ist der Urenkel des polnischen Widerstandskämpfers Jan Derengowski. Dieser lebte in Warschau und beteiligte sich am nationalpolnischen Aufstand in Warschau vom August 1944. Die Deutschen nahmen ihn im September 1944 gefangen und deportierten ihn über das Durchgangslager Pruszkow am 5. Oktober 1944 in das KZ Neuengamme. In der Folge wurde Derengowski zur Zwangsarbeit im KZ-Außenlager Kaltenkirchen eingesetzt. Aufgrund der unmenschlichen Lebens- und Arbeitsbedingungen erkrankte er nach wenigen Wochen schwer und wurde zurück in das Krankenrevier des Stammlagers Neuengamme gebracht, wo er am 20. Dezember 1944 starb.
Bildunterschrift: Am Ort des ehemaligen Appelplatzes:
Thomas Käpernick, Michał Spinkiewicz und Hans-Jürgen Kütbach
(von links nach rechts) Foto: KZ-Gedenkstätte Kaltenkirchen
Zu Ehren seines Urgroßvaters und für alle polnischen Häftlinge des KZ-Außenlagers Kaltenkirchen entzündete Michał Spinkiewicz im Rahmen einer Gedenkzeremonie gemeinsam mit dem Vorsitzenden des Trägervereins, Hans-Jürgen Kütbach, eine Grabkerze, die in einer Hülle mit spezieller Gestaltung steckt.
Michał Spinkiewicz erinnerte an das Schicksal seiner Familie, denn Jan Derengowski musste in Warschau seine junge Tochter und seine Ehefrau zurück lassen. Im Rahmen eines Rundgangs besuchte er mit dem Mitarbeiter der KZ-Gedenkstätte, Thomas Käpernick, die Orte, an denen Derengowski im KZ-Außenlager Kaltenkirchen gelitten und um sein Überleben gekämpft hat. Er fand dabei auch die biografische Tafel für seinen Urgroßvater, die sich in der neuen Dauerausstellung befindet.
Michał Spinkiewicz betonte die spezielle Verbindung, die er an diesem Ort spüre. Bisher hatte die Tochter von Jan Derengowski, Urszula Spinkiewicz, Besuchsreisen zur KZ-Gedenkstätte Kaltenkirchen unternommen. Diese Gedenkarbeit wird jetzt von ihrem Enkel weiter geführt.
Veranstaltung am 03.04.2025 im Bürgerhaus Kaltenkirchen
Vortrag, Filmvorführung und Diskussion
Bauern, Bonzen, Bomben: Die „Landvolkbewegung“ in Schleswig-Holstein
Ende der 1920er Jahre gefährdete eine tiefgreifende Agrarkrise die Lebensgrundlage vieler Bäuerinnen und Bauern. Als Reaktion schlossen sich an der schleswig-holsteinischen Westküste verschiedene Akteur:innen zur sogenannten „Landvolkbewegung“ zusammen. Die Bewegung radikalisierte sich in schneller Folge und verübte unter anderem Bombenanschläge auf Landrats- und Finanzämter. Ab 1931 ging die „Landvolkbewegung“ zunehmend in der wachsenden NSDAP auf, mit der sie insbesondere antiparlamentarische, völkische und antisemitische Positionen verband.
Doch wer genau war die „Landvolkbewegung“? Was waren ihre politischen Forderungen? Und vor allem: Warum berufen sich noch heute einzelne Personen (wieder) auf die „Landvolkbewegung“ und zeigen deren Fahne? Etwa bei verschiedenen Bauernprotesten in Berlin seit 2020 oder auch bei der Demonstration gegen Robert Habeck in Schlüttsiel im Januar 2024.
Fragestellungen wie diese möchten wir gerne mit Ihnen gemeinsam diskutieren. Fixpunkt ist dabei die Vorführung des Films „Stumpfe Sense – scharfer Stahl“, der die Entwicklung der „Landvolkbewegung“ in den Blick nimmt, Zeitzeug:innen zu Wort kommen lässt und auf Kontinuitäten nach 1945 verweist.
Programm
Begrüßung: Marc Czichy, Leiter der KZ-Gedenkstätte Kaltenkirchen
Kurzvortrag: Dr. Reimer Möller, Historiker, langjähriger Leiter der Abteilung Dokumentation und Forschung an der KZ-Gedenkstätte Neuengamme
Filmvorführung
„Stumpfe Sense – scharfer Stahl. Bauern, Industrie und Nationalsozialismus“ (1990).
Ein Dokumentarfilm von Quinka Stoehr, Kay Ilfrich und Jens Schmidt
Diskussion:
Reimer Möller,
Quinka Stoehr, Filmemacherin
Ein/e Mitarbeiter:in des Regionalen Beratungsteams gegen Rechtsextremismus, Kiel
Moderation: Sophia Annweiler, Mitarbeiterin der KZ-Gedenkstätte Neuengamme
Die Veranstaltung ist Teil einer Veranstaltungsreihe
zum 25-jährigen Jubiläum der KZ-Gedenkstätte Kaltenkirchen
und findet am Donnerstag, den 03. April 2025, um 18.30 Uhr
im Bürgerhaus der Stadt Kaltenkirchen, Friedenstraße 9, 24568 Kaltenkirchen statt.
Wir bitten vorab um eine Anmeldung per Mail an
Ausschlussklausel:
Die Veranstaltenden behalten sich vor, von ihrem Hausrecht Gebrauch zu machen und Personen, die rechtsextremen Parteien oder Organisationen angehören, der rechtsextremen Szene zuzuordnen sind oder bereits in der Vergangenheit durch rassistische, nationalistische, antisemitische oder sonstige menschenverachtende Äußerungen in Erscheinung getreten sind, den Zutritt zur Veranstaltung zu verwehren oder von dieser auszuschließen.
Die Veranstaltung wird über das Landesdemokratiezentrum Schleswig-Holstein im Rahmen des Landesprogramms zur Demokratieförderung und Rechtsextremismusbekämpfung gefördert.
ABSAGE der Veranstaltung zum 6.3.25
Sehr geehrte Damen und Herren, wegen einer akuten Erkrankung von Andreas Speit muss die Vortragsveranstaltung am Donnerstag (06.03.2025) leider abgesagt werden. Wir hoffen, dass wir die Veranstaltung im Laufe des Jahres nachholen können. Ihr Gedenkstättenteam.
„AfD und Rechtsextremismus in Schleswig-Holstein im Spiegel der Bundestagswahl vom 23.02.25“
Auch für die KZ-Gedenkstätte Kaltenkirchen ist die zunehmende Verschiebung des politischen und gesellschaftlichen Koordinatensystems nach rechts eine politische Herausforderung und gleichzeitig ein Angriff auf die demokratischen Werte, die sie als Institution vertritt und die sie im Rahmen ihrer Bildungs- und Vermittlungsarbeit vermitteln möchte.
Teil dieser Entwicklung ist, dass der über Jahrzehnte gewachsene gesellschaftliche Konsens darüber, dass die Erinnerung an die NS-Verbrechen konstitutiv für unser Zusammenleben in einer demokratischen und weltoffenen Gesellschaft ist, zunehmend erodiert. Jens-Christian Wagner, der Leiter der Gedenkstätten Buchenwald und Mittelbau-Dora, spricht in diesem Zusammenhang von einem „erinnerungskulturellen Klimawandel“.
Der Journalist, Publizist und Rechtsextremismusexperte Andreas Speit beschäftigt sich vor diesem Hintergrund in seinem Vortrag mit der Entwicklung des Rechtsextremismus in Schleswig-Holstein in den vergangenen 12 Jahren. Im Fokus seiner Ausführungen steht dabei der Landesverband der AfD. Speit beleuchtet insbesondere die Bedeutung des Themenfelds Geschichts- und Erinnerungspolitik für die AfD und die Netzwerkarbeit der AfD gegenüber Medien, Institutionen und Einzelpersonen der sog. „Neuen Rechten“. In aktueller Perspektive analysiert und bewertet er das Wahlergebnis des Schleswig-Holsteinischen Landesverbands der AfD bei der Bundestagswahl vom 23.02.2025.
Der Vortrag ist eine Veranstaltung des Trägervereins der KZ-Gedenkstätte Kaltenkirchen und findet am
Donnerstag, den 06. März 2025, um 19.00 Uhr
in den Räumlichkeiten der Gedenkstätte statt.
Wir freuen uns über zahlreiches Erscheinen und bitten vorab um eine kurze Anmeldung per Mail an
Ausschlussklausel:
Die Veranstaltenden behalten sich vor, von ihrem Hausrecht Gebrauch zu machen und Personen, die rechtsextremen Parteien oder Organisationen angehören, der rechtsextremen Szene zuzuordnen sind oder bereits in der Vergangenheit durch rassistische, nationalistische, antisemitische oder sonstige menschenverachtende Äußerungen in Erscheinung getreten sind, den Zutritt zur Veranstaltung zu verwehren oder von dieser auszuschließen.
Lehrerabordnung für Bildungsarbeit bis 2031 gesichert
Anerkennung für die Bildungsarbeit an der KZ-Gedenkstätte Kaltenkirchen:
Lehrer:innenabordnung für die gedenkstättenpädagogische Arbeit mit Schulen wird bis 2031 fortgeführt!
Schon seit längerem ist an der KZ-Gedenkstätte Kaltenkirchen ein über das Ministerium für Allgemeine und Berufliche Bildung, Wissenschaft, Forschung und Kultur abgeordneter Lehrer tätig, der im Rahmen dieser Tätigkeit, die sechs Wochenstunden umfasst, insbesondere für die gedenkstättenpädagogische Arbeit mit Schulen verantwortlich ist. Die KZ-Gedenkstätte Kaltenkirchen ist die einzige Gedenkstätte in Schleswig-Holstein, bei der eine entsprechende Lehrer:innen-Abordnung angesiedelt ist.
In den vergangenen sechs Jahren hat Thomas Tschirner, Lehrer an der Immanuel-Kant Schule, dem Gymnasium der Stadt Neumünster, die Abordnung wahrgenommen. Für eine Verlängerung der Abordnung, die am 31.01.2025 ausgelaufen wäre, über weitere sechs Jahre hat das Ministerium trotz der schwierigen Haushaltslage jetzt „grünes Licht“ gegeben.
Marc Czichy, Leiter der Gedenkstätte, zeigt sich über die Nachricht aus dem Ministerium erleichtert und dankbar: „Die jetzt erfolgte längerfristige Fortführung der Abordnung schafft für die KZ-Gedenkstätte im zentralen Bereich der Bildungs- und Vermittlungsarbeit die notwendige Planungssicherheit und ermöglicht es uns, das hohe Niveau der an der Gedenkstätte durchgeführten Bildungsformate aufrecht zu erhalten. Das Ministerium setzt mit der Fortführung der Abordnung ein wichtiges politisches Signal, das wir dankbar zur Kenntnis nehmen.“
Dass Thomas Tschirner erneut mit der Abordnung betraut werden konnte, empfindet Czichy als absoluten Glücksfall. „Er verbindet eine hohe intrinsische Motivation für seine Tätigkeit als pädagogischer Mitarbeiter mit enormer gedenkstättenpädagogischer Erfahrung und mit einer einfühlsamen Empathie und Offenheit gegenüber den Teilnehmenden an Bildungsformaten an unserer Gedenkstätte, zumal gegenüber Schüler:innen“, so Czichy weiter.
Thomas Tschirner verbindet bereits eine längere Arbeitsbeziehung mit der KZ-Gedenkstätte Kaltenkirchen. Schon vor seiner Berufung auf die Abordnungsstelle im Februar 2019, forschte er bereits 2013/14 im Rahmen eines Werkvertrags zu dem politischen, gesellschaftlichen und erinnerungskulturellen Umgang mit dem historischen Ort des ehemaligen KZ-Außenlagers Kaltenkirchen nach 1945. Auf dieser Grundlage entwickelte er gemeinsam mit Anne-Lena Cordts unter dem Titel „Erinnerung im Wandel“ 2014 eine erste Studie für eine neue Ausstellung, welche ihren Hauptfokus auf die „Zweite Geschichte“ richten sollte. 2016 erfolgte seine Aufnahme in den Wissenschaftlichen Beirat der KZ-Gedenkstätte Kaltenkirchen, dem er bis Ende vergangenen Jahres angehörte.
Thomas Tschirner freut sich über die Möglichkeit, weitere sechs Jahre pädagogisch an der KZ Gedenkstätte arbeiten zu können. „Die KZ-Gedenkstätte hat sich in den vergangenen Jahren als außerschulischer Bildungs- und Lernort enorm weiterentwickelt und ich habe diesen Prozess sehr gern begleitet. Jetzt bin ich auf die kommenden sechs Jahre gespannt und freue mich auf die weitere Zusammenarbeit mit einem fantastischen Team“, so Tschirner.
Foto: Thomas Tschirner, Privat
Unterstützung des Landes für Büro- und Arbeitsräume in der KZ-Gedenkstätte Kaltenkirchen
Umfangreiche Unterstützung der KZ-Gedenkstätte Kaltenkirchen durch das Land Schleswig-Holstein
Der Trägerverein der KZ-Gedenkstätte bekommt 200.000 Euro vom Land.
Die KZ-Gedenkstätte Kaltenkirchen besteht inzwischen seit 25 Jahren. Sie hat sich in dieser Zeit, von 2000 bis 2019 durch rein ehrenamtliches Engagement, zu einem öffentlich höchst anerkannten außerschulischen Lern- und Bildungsort entwickelt und die professionelle Arbeit der KZ-Gedenkstätte erfährt auf kommunaler Ebene und auch auf Landesebene in Schleswig-Holstein große Wertschätzung und eine entsprechende Unterstützung.
Zumal in den vergangenen drei Jahren hat die KZ-Gedenkstätte eine dynamische Entwicklung erfahren. So wurden nach dem Bau eines neuen Ausstellungsgebäudes im Jahr 2021 im Februar 2024 sowohl eine neue Dauerausstellung nebst eines neugestalteten Außengeländes eröffnet als auch der alte Teil des Gedenkstättengebäudes innen und außen saniert, um künftig neue und helle Räumlichkeiten nebst einer modernen Infrastruktur für die Bildungs- und Vermittlungsarbeiten vorhalten zu können.
An der KZ-Gedenkstätte stehen allerdings für die Gedenkstättenleitung und für weitere potentielle Mitarbeiter:innen aktuell keine angemessenen Büro- und Arbeitsräume zur Verfügung.
Der Vorsitzende des Trägervereins der Gedenkstätte, Hans-Jürgen Kütbach, erklärt dazu: „Es fehlen entsprechende Räumlichkeiten ganz oder sie sind in einem Zustand, der einfach nicht mehr zumutbar ist. Eine entsprechende bauliche Erweiterung der Gedenkstätte ist daher dringend geboten.“
Marc Czichy, Leiter der KZ-Gedenkstätte, führt weiter aus: „Außerdem ist vor dem Hintergrund der aktuell sehr guten Auslastung der Gedenkstätte mit Bildungsformaten für Schüler:innen und weitere Zielgruppen ein zweiter Raum für die Bildungs- und Vermittlungsarbeit notwendig. Die Gedenkstätte stößt diesbezüglich inzwischen in räumlicher und infrastruktureller Hinsicht zunehmend an Grenzen, da viele Schulen die Gedenkstätte immer häufiger mit zwei oder gar drei Klassen gleichzeitig besuchen möchten. Zudem fehlt der Gedenkstätte aktuell der notwendige Raum für die Präsentation von Wander- und Wechselausstellungen.“
In einem Gespräch im August vergangenen Jahres mit Bildungsministerin Karin Prien, an dem der örtliche Landtagsabgeordnete Ole Plambeck (CDU) teilnahm, wurde die geplante Baumaßnahme vorgestellt und deren Notwendigkeit erläutert. Aufgrund der angespannten Haushaltslage konnte das Ministerium bisher keine Beträge im Haushaltsentwurf dazu einstellen.
Plambeck nahm sich dem Projekt persönlich an und warb bei seinen Kolleg:innen im Landtag dafür, das Projekt über einen Änderungsantrag in den Haushalt 2025 mit aufzunehmen. Mit Erfolg, denn die schwarz-grüne Koalition hat beschlossen, dass der Trägerverein der KZ-Gedenkstätte einen Zuschuss von 200.000 Euro für das ca. 500.000 Euro-Projekt bekommen wird.
Plambeck sagt dazu: „Die Arbeit der KZ-Gedenkstätte Kaltenkirchen ist eine sehr wertvolle Arbeit, um dieses schlimme Kapitel unserer Geschichte, das unmittelbar vor unserer Haustür stattgefunden hat, für die jetzige und kommende Generationen erlebbar zu machen. Deswegen ist die Investition an der Gedenkstätte so wichtig.“
Neben Ole Plambeck unterstützen auch Uta Röpcke und Eka von Kalben, Landtagsabgeordnete der Fraktion von Bündnis 90 / Die Grünen, das Projekt der KZ-Gedenkstätte.
Röpcke zu diesem Engagement: „Demokratie lebt auch von Erinnerungskultur. Darum ist es richtig und wichtig, dass wir uns für einen Investitionszuschuss in Höhe von 200.000 Euro für die bauliche Erweiterung des Gedenkstättengebäudes in der KZ-Gedenkstätte Kaltenkirchen in Springhirsch eingesetzt haben. Dies ist ein wichtiges Zeichen für die in weiten Teilen mit viel ehrenamtlichem Engagement geleistete Erinnerungsarbeit in unserem Land.“
Hans-Jürgen Kütbach abschließend: „Wir sind als Trägerverein sehr dankbar, dass es gelungen ist, einen Zuschuss in Höhe von 200.000 Euro vom Land zu bekommen. Damit sind wir bei der Realisierung des Projekts einen erheblichen Schritt weitergekommen. Wir werden nun weitere Mittel einwerben, um dann die Gesamtfinanzierung auf den Weg zu bringen.“